Hanns Dieter Hüsch

Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch (geboren 1925 in Moers, gestorben 2005 in Werfen) war über 50 Jahre lang mit rund 70 eigenen Programmen auf unzähligen Bühnen der Republik zu Gast. Darüber hinaus war er regelmäßig auch im Fernsehen mit eigener Sendung zu sehen, oft auch gemeinsam mit Dieter Hildebrand („Scheibenwischer“).

Hüsch prägte ganz maßgeblich die deutsche Kabarett-Szene der Nachkriegszeit und kämpfte sein gesamtes Leben gegen Neonazismus. Den folgenden Text aus dem Jahr 1967 dürfen wir mit freundlicher Genehmigung seiner Witwe Christiane Hüsch-von Arpath hier veröffentlichen, wofür wir uns herzlich bedanken.

Der Text und seine Botschaft sind aktueller denn je.

Freunde wir haben Arbeit bekommen
Und schon steht der deutsche Spießer wieder auf dem Sprung
Hält seinen Vormund leicht geöffnet
Zu schlucken, was da fault!
Schon laufen alt und jung in seine Arme
Und alles fängt von vorne an!
Die national-soziale Lederhosenreaktion
Ihr blutiges Beil noch unterm Bett
Sie fordert schon, im altbekannten Ton
Für Deutschland ein gesundes Nationalkorsett!

Ich versteh’s nicht –
Kein Mensch regt sich
Und das deutsche Volk pflegt sich!
Die Herren sagen: „Randerscheinung!“
Und viele sind sogar der Meinung
Dass man nun diese neodemokratische Farbe
Doch endlich wieder ganz genau unter Kontrolle habe!
Den Scheitel gerade und die Nägel kurz geschnitten
Das wuchert um sich, zieht Messer blank –
Gen Ostdeutschland wird natürlich auch geritten! (*)

Ich versteh’s nicht –
Kein Mensch regt sich
Und das deutsche Volk pflegt sich!

Ich kann es nicht poetisch sagen
Ich weiß nur noch von jenen Jahren
Wo Menschen wie ein Stück Vieh für den Gefreiten waren!

Ich versteh’s nicht –
Keiner geht auf die Straße!

Nur, wenn Gammler dort zu seh’n
Bleiben viele Leute steh’n
Und es leuchtet in ihren so friedlichen Augen:
„Nur weg mit diesen Untermenschen, die nichts taugen!“
Das ist des Spießers Zucht und Ordnungssinn –
Bollwerk gegen den Kommunismus!
„Gegen Mode und Sex, Geld und Gewinn
Hilft bei uns nur ein neuer Faschismus!“

Das ist der alte Hugenberg-Mief (**)
Die Hindenburg-Diadochen!
Der braune Mob, das sitzt so tief
Kommt immer wieder gekrochen
Und sitzt an unserem Familientisch
Und isst mit uns das gleiche Brot
Und fängt mit uns denselben Fisch –
Und schickt Millionen in den Tod!

Ich versteh’s nicht –
Kein Mensch regt sich
Und das deutsche Volk pflegt sich!
Doch, ich denke, darauf können wir uns nicht verlassen
Unsre Freiheit wird bedroht vom selben Feind!
Die Bevormundung, sie nimmt kein Ende
Diese deutsche Krankheit kriegt man nicht
Mit Anpassung zu fassen!

Und man möchte mit den Gammlern gehen
Und den freien Himmel täglich sehen!

…..

In Kellern säßen wir dann und auf Bäumen
Und wären beschäftigt mit anderen Träumen
Und wir sehen manchen Kontinent!
Und wir kennen manchen, den man hier nicht kennt
Und wir hören kein dummes und falsches Geschwätz mehr
Und fürchten kein Notstands- und Nazigesetz mehr!

Doch, das geht nicht, das geht nicht
Denn es gibt ein paar Freunde, die uns brauchen
Und es gibt noch ein paar Menschen, die gescheit sind
Und es gibt noch ein paar Kinder, die noch längst nicht so weit sind
Und es gibt noch ein paar Tote, die uns beim Wort genommen –
Freunde, wir haben Arbeit bekommen!


(*) gemeint war die damalige DDR
(**) Alfred Ernst Christian Alexander Hugenberg war ein Rüstungs- und Medienunternehmer, der mit seinem Konzern rund die Hälfte der Deutsche Presselandschaft kontrollierte mit seiner antidemokratischen Propaganda maßgeblich zur Zerstörung der Weimarer Republik beitrug. Parallelen zur aktuellen Medienlandschaft sind unverkennbar.

Hanns Dieter Hüsch
Copyright Christiane Hüsch-von Aprath.

Foto: Eddi Laumanns aka RX-Guru @ wikimedia

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