Ideen von gestern sind keine Lösung für den Nahverkehr von morgen

Verlängerung der Stadtbahnlinie von Rheinstetten nach Durmersheim käme Jahre zu spät

Alles hat seine Zeit, so auch die Forderung nach einer Verlängerung der Stadtbahnlinie S2 von Rheinstetten nach Durmersheim, die aktuell von der Linken propagiert wird. Es handelt sich dabei übrigens um eine urgrüne Idee,
für die bereits ab Mitte der 1980er Jahre die Wählervereinigung „Bürgerliste und Grüne“ in Durmersheim kämpfte. Damals fuhren jedoch noch keine Stadtbahnstrecken auf der Bundesbahnstrecke und damals gab es auch den Haltepunkt Durmersheim-Nord noch nicht. Die Rahmenbedingungen sind inzwischen aber völlig andere.

Zur Erinnerung: Vor 30 Jahren fuhren die letzten Züge des Tages kurz nach 19 Uhr im Karlsruher Hauptbahnhof los in Richtung Durmersheim, Bietigheim und Ötigheim. Danach war Schluss auf dieser Strecke, wer kein Auto besaß
konnte in Karlsruhe weder ins Theater, noch ins Kino oder etwas Essen und Trinken gehen. Ab dem Jahr 1994 änderte sich das entscheidend. Erstmals fuhren vom Karlsruher Hauptbahnhof aus Stadtbahnen über Durmersheim nach Rastatt. Zwei Jahre später ging es über den Albtalbahnhof sogar umsteigefrei bis in die Karlsruher Innenstadt. Ein Taktverkehr wurde eingerichtet und die Bahnen fahren bis nach Mitternacht. Die Fahrzeit vom Bahnhof Durmersheim bis in die Karlsruher Stadtmitte beträgt nur noch rund 20 Minuten, zum Hauptbahnhof Karlsruhe und damit zum Anschluss an den Fernverkehr sind es sogar nur 15 Minuten.
Zum Vergleich: Von der Merkurstraße in Rheinstetten sind es bis zur Karlsruher Fußgängerzone (Europaplatz) bereits 30 Minuten, vom Bahnhof Durmersheim aus wären es auf dieser Strecke wohl sogar über 35 Minuten. Das ist keine Alternative, um Autofahrer zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Doch genau das muss oberstes Ziel eines zukunftsweisenden Nahverkehrs sein.

Gegen die S2-Verlängerung nach Durmersheim spricht aus unserer Sicht auch, dass es in Rheinstetten seit über 20 Jahren eine Verlängerung in den Ortsteil Bach-West gibt. Da auf der S2-Strecke maximal drei Bahnen je Stunde und Richtung fahren können, würde jede Bahn in Richtung Durmersheim eine Bahn weniger in Richtung Bach-West bedeutet. Möglicherweise würde man zwar Fahrgäste aus Durmersheim hinzugewinnen, doch in Rheinstetten würden im Gegenzug wohl ähnlich viele Fahrgäste wegfallen. Ob sich unter diesen Voraussetzungen die Investition eines mindestens zweistelligen, wenn nicht gar dreistelligen Millionenbetrags rechtfertigen lässt, ist mehr als fraglich. Hinzu kommt der Faktor Zeit. Ein Weiterbau der S2-Linie nach Durmersheim würde bis zur Fertigstellung wohl mindestens ein Jahrzehnt dauern.

Gegen eine S2-Verlängerung spricht zudem, dass im Durmersheimer Norden wohl Bäume gefällt werden müssten. Im Bereich des Chennevièresplatzes fehlt außerdem das Gelände für einen größeren Gleisbogen. Bahnen, die dort in Richtung Bahnhof abbiegen müssen, würden jede Menge Lärm verursachen. Auch hier müssten zudem wohl Bäume gefällt werden.

Ziel ist und bleibt eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, daran besteht kein Zweifel. Dies sollte möglichst bald passieren darf aber auch nicht um jeden Preis geschehen. Wir plädieren deshalb für einen Buspendelverkehr zwischen Mörsch-Merkurstraße und Durmersheim. So könnten auch Bewohner Rheinstettens die Einkaufsmärkte im
Durmersheimer Norden besser erreichen. Eine attraktivere Anbindung des Ortsteils Würmersheim, sowie der Gemeinden Au am Rhein und Elchesheim-Illingen an das Stadtbahnnetz (Bundesbahntrasse und S2-Trasse), ist ein
weiteres Ziel. Zwischen der Merkurstraße in Rheinstetten-Mörsch und Durmersheim-Nord könnten möglicherweise in einem Pilotprojekt autonom fahrende Elektrobusse eingesetzt werden. Dieses System könnte dann mittelfristig in Richtung Tiefgestade ausgebaut oder durch ein bedarfsgerechtes Angebot wie „MyShuttle“ in Ettlingen, Marxzell und Graben-Neudorf, ergänzt werden. Hier fahren in Randzeiten Elektrobusse ohne festen Fahrplan und ohne dass für Fahrgäste eine Zusatzfahrkarte nötig ist, bis fast vor die Haustür.

So sieht aus unserer Sicht eine eine Lösung mit Zukunftspotential aus.

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